Wer braucht schon 6 bis 8 Stunden Schlaf, wenn es auch mit weniger geht? Oder gesundes Essen, wenn es doch Fast Food für Vielbeschäftigte gibt? Wer wenig Gespür für die eigenen Bedürfnisse hat, kann sich häufig auch nicht gut gegen die Forderungen anderer abgrenzen. Dem Burn-out wird damit ein fruchtbarer Boden gelegt. Familienaufstellung und systemisches Coaching bieten in solchen Fällen effektive Unterstützung.
Mittlerweile ist es bekannt: Den „einen“ Grund für Burn-out gibt es nicht! Im Gegenteil kann es viele Gründe geben, wenn ein Mensch buchstäblich ausbrennt. Viele haben grundsätzlich ein schlechtes Gewissen einfach auch mal Nein zu sagen, wenn andere Forderungen an sie stellen.
Wer sich schon häufiger in überfordernden oder sogar ausweglos erscheinenden Situationen wiedergefunden hat, sollte einen Blick auf systemische Ursachen werfen. Auch wer das Gefühl kennt, im Job ständig gegen die eigenen Werte handeln zu müssen, kann von diesem Werkzeug profitieren.
Ursachen für Burn-out aus Sicht der systemischen Therapie
Die Überzeugung „Ich bin nur etwas Wert, wenn ich etwas leiste“ ist ein bekannter Anlass dafür, wenn Menschen sich permanent selbst überfordern. Oft hat sie sich schon in der Kindheit gebildet.
Kinder, die selten sie selbst sein durften, früh Aufgaben im Familiensystem übernehmen mussten, die eigentlich nicht die ihren waren, oder emotionalen oder körperlichen Missbrauch erleiden mussten, sind besonders gefährdet als Erwachsene „auszubrennen“.
Ihnen fehlt häufig das Gespür für eigene Bedürfnisse, im Gegenzug sind sie übermäßig daran interessiert, dass es den anderen gut gehen muss.
Auch im Beruf bilden wir zusammen mit Kollegen, Vorgesetzten und Geschäftspartnern ein System, dass sich sowohl positiv, als auch negativ auf unser Wohlbefinden auswirken kann. In Teams bringt jeder seine eigene Geschichte und seine eigene Charakterlage mit in die Gruppe hinein.
Ein Beispiel: Wir bekommen eine neue Vorgesetzte, die uns ständig zu überwachen scheint. Ihr Verhalten erinnert uns auf unheimliche Art an Erfahrungen, die wir vielleicht mit unserer eigenen Mutter gemacht haben. In einer Systemaufstellung würde sich wohl ein Grund dafür finden lassen, weshalb die Vorgesetzte zu diesem Kontrollverhalten neigt. Die Vorgesetzte ahnt vermutlich nicht einmal, was sie damit bei uns auslöst. Doch wir reagieren instinktiv auf dieses Muster, ganz so, als würden wir tatsächlich unserer kontrollierenden Mutter gegenüberstehen.
Durch solche und ähnliche Verstrickungen kommt es im Job leicht zu unpassenden Verhaltensweisen, die im professionellen Umfeld eigentlich unangemessen sind: Starke emotionale Reaktionen etwa. Es kann zu Missgunst unter den Kollegen kommen, auf deren Boden Mobbing perfekt gedeihen kann.
Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetzte wird in der Praxis häufig von Betroffenen als ein Auslöser für ihr Burn-out benannt.
Doch auch äußere Umstände können dazu führen, dass wir immer weniger Kraft haben und uns einfach nicht wohlfühlen können am Arbeitsplatz: Wer beispielsweise in der Versicherungsbranche arbeitet und in Wahrheit Schwierigkeiten damit hat, Leuten „etwas anzudrehen“, der verstößt permanent gegen seine inneren Werte.
Auf Dauer macht das krank. Den Arbeitsplatz oder den Beruf zu wechseln wäre eine logische Schlussfolgerung. Doch vielen fällt genau dieser Schritt unheimlich schwer. Dafür gibt es Gründe.
Warum Menschen so lange in beruflichen Situationen verharren, die ihnen nicht gut tun
„Wenn es dir dort nicht gut geht – na dann geh‘ doch!“ - so oder so ähnlich lauten die Hinweise von Freunden und Familienangehörigen wenn sie erfahren, dass jemand in seinem Job unzufrieden ist und darunter leidet.
Einfach gehen – wenn es doch nur so einfach wäre! Für Menschen, die schon mit einem Bein im Burn-Out stehen, wirken solche Worte eher wie ein Stoß vor den Kopf. Natürlich ist es möglich, einfach zu gehen.
Niemand sollte sich dazu gezwungen fühlen einer Arbeit nachzugehen, die sie oder ihn unzufrieden und krank macht – dieser Aussage würden die meisten Menschen wohl sofort zustimmen. Menschen, die vom Burn-out betroffen sind, fehlt aber die nötige Energie zur Veränderung.
Denn sämtliche Ressourcen werden benötigt, um wenigstens den Status Quo aufrechtzuerhalten. Auf diese Weise fehlen die Kraft und die innere Offenheit neue berufliche Perspektiven zu entwickeln.
In Deutschland genießen wir zusätzlich das Privileg, sozial abgesichert zu sein. Rein objektiv betrachtet wäre ein beruflicher Neuanfang für die meisten umsetzbar.
Was uns aufhält, sind innere Blockaden, die sich in diversen Schuldgefühlen, Ängsten und sich im Kreis drehenden Gedanken zeigen:
Ich weiß ja gar nicht, was ich stattdessen machen soll!
Was werden meine Eltern oder mein Partner sagen, wenn ich hinschmeiße?
Wie werden meine Kollegen von mir denken? Kann ich sie einfach hängenlassen?
Mein Job ist gut bezahlt und bietet mir Sicherheit. So etwas kann ich doch nicht einfach aufgeben!
Was kommt tatsächlich auf mich zu, wenn ich meiner inneren Stimme folge und einen neuen beruflichen Anfang wage?
Es geht also nicht ums Gehen an sich, sondern viel mehr um die Frage, was denn danach kommt und wo mögliche Alternativen zur aktuellen, als extrem unbefriedigend empfundenen Situation zu finden sind. Noch schwerer fällt es, wenn es keinerlei Alternativen zu geben scheint.
Auch wer sich bisher nicht getraut hat einmal nach links und rechts zu blicken ist nicht dazu verdammt für immer im Alten zu verharren:
Er oder sie braucht lediglich den nötigen Mut, um sich auf neue Perspektiven einzulassen!
Wie Systemaufstellung und systemisches Coaching helfen
In der systemischen Aufstellungsarbeit vertreten wir die These, dass niemand auf der Welt vollständig autonom handelt, sondern sich immer im Rahmen eines Systems befindet und Teil eines solchen ist. Wir bekommen mit ihr die Chance Verstrickungen in Systemen offen zu legen und in Ruhe zu überprüfen, inwiefern diese uns ausbremsen, oder was es benötigt, um uns von ihnen zu lösen. Damit bekommen wir die Möglichkeit, die Dinge bewusst zu verändern.
Gerade für Menschen auf dem Weg ins Burn-out kann die Aufstellungsarbeit wertvolle Dienste leisten. Es werden mit ihr Schuldgefühle hinterfragt und auf ihren wahren Gehalt hin überprüft. Sie zeigt, wo Ängste vor Veränderung ihren Ursprung haben und weshalb wir dazu neigen, uns immer wieder selbst zu überfordern.
Zusätzliche Unterstützung bietet ein begleitendes Coaching: Es hilft die unterschiedlichen Aufgabenfelder zu strukturieren, Prioritäten zu setzen und neue, berufliche Perspektiven zu entwickeln. Nicht zuletzt unterstützt es, die eigenen inneren Werte zu erkunden, zu kultivieren und in das aktiv handelnde Selbst zu integrieren.
Das Wissen und Achten der eigenen Wertvorstellungen ist dann der vielleicht beste Schutz vor Burn-out: Es verhindert nämlich von sich selbst heraus, dass wir uns künftig in Situationen und an Plätze begeben, an die wir in Wahrheit nicht gehören.
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